Aliens, die uns lieben. Ein Appell.

Teil 1: Alle Menschen werden Brüder?

Über die Bedeutung des Dialogs für das mutige Miteinander. Und über Aliens in unserem Leben.

Wie handeln wir richtig? Und wie gemeinsam?

Smartphones und Internet verwandeln uns in (potenziell) Informierte. Doch selbst die Verfügbarkeit von Wissen lässt uns keine Antennen wachsen zum empfindsamen „Wir“. Was läuft da schief?

Ein besonderes Vergnügen sind für mich die gemeinsamen Filmabende mit den Jungs. Neulich projizierten wir uns das Sci-Fi Abenteuer „Arrival“ auf die Wohnzimmerwand. Zwei Dinge lernen wir da von Aliens. Erstens müssen wir unsere Probleme gemeinschaftlich, als Menschheit anpacken. Wir müssen einander zuhören. Zweitens – und jetzt kommt ein Modewort – müssen wir lernen derart nachhaltig zu handeln, dass die Bedeutung des Wortes in seinem täglichen Sprachgebrauch verblasst. Denn die Aliens helfen uns nämlich, weil sie in die Zukunft sehen können und daher wissen, dass widerum sie einmal, in dreitausend Jahren, unsere Hilfe benötigen werden. Eine Hand wäscht die andere, über die Jahrtausende hinweg. Diese Aliens muss man einfach lieb haben. Nur, so fragen wir uns im Anschluss an das Filmvergnügen, warum schaffen wir Menschen das einfach nicht, einander zwischen den Generationen die Hand zu reichen?

Offizieller Trailer zum Film „Arrival“. Die Forscherin rechts im Bild, gespielt von Amy Adams, zeigt mehr Mut als alle Militärs zusammen. Mutig muss man auch sein, wenn man kreisförmige Schriftzeichen fremder Intelligenzen entschlüsseln will, und auch sonst… Regie führte Denis Villeneuve.

Als Junge beeindruckte mich eine Fernsehserie, deren spätabendliches Vergnügen ich mir damals bei den Eltern erquengeln musste. Carl Sagan führte seine Zuschauer durch den „Cosmos“. Ein für die damalige Zeit aufwändig produziertes Epos der Wissenschaftsgeschichte. Die Serie war weltweit erfolgreich. Meine Begeisterung galt nicht allein den reichhaltig bebilderten Ausflügen zu den Wurzeln der Kultur, die das Fundament der modernen Wissenschaft legten. Mich begeisterte die Erzählkraft von Carl Sagan, seine universelle Weitschweifigkeit, die das Abenteuer Menschheit waghalsig auf den Punkt brachte: Wir haben uns befreit. Wir Menschen, Entdecker und Forscher, haben uns durch die Wissenschaft befreit von den Fesseln der Naturgewalt, der Konventionen, des Aberglaubens.

Wir haben uns selbst erkannt. Eine Selbsterkenntnis, für die wir den hohen Preis der verbotenen Frucht zahlen. Sagan sparte die Gefahren wissenschaftlicher Erkenntnisse und Errungenschaften nicht aus. Zuletzt stellte er im Finale seiner Sendung die Frage: „Wer spricht für die Menschheit?“ Weil eben diese Menschheit durch die Früchte der Erkenntnis auf dem besten Weg ist, sich selbst zu zerstören. Wer spricht für uns? Wer kann uns helfen? Gibt es da jemanden „außerhalb“, der uns zurück zur Vernunft bringt?

Der vor wenigen Jahren in den Kinos gezeigte Spielfilm „Arrival“ dürfte dem verstorbenen Carl Sagan gut gefallen haben. Denn die freundlichen Aliens statten unserer Erde nur aus diesem einzigen Grund einen Besuch ab: Sie wollen uns helfen.

Handeln für die Zukunft.

Gedankenspiele prägten meine Jugendzeit. Denn es war auch damals eine Zeit der Demonstrationen; des Nato-Doppelbeschlusses und der Friedensbewegung, der aufkeimenden Umweltbewegung. Die Aufklärung, so lehrte man es uns in der Schule, sei der Aufstieg des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Alles also eine Frage des Wissens und der kritischen Haltung. Hätte man uns damals erzählt, kaum zehn Jahre später werde es ein weltumspannendes Internet geben und das Wissen werde wie Wasser aus der Leitung direkt in unsere Zimmer laufen – wir hätten es nicht für möglich gehalten. Wir hätten es schlicht nicht geglaubt, dass man für die Recherchen zu einer Hausarbeit per Mausklick Gleichgesinnte findet in Übersee und über briefmarkengroße Videobilder den Austausch mit Fremden aus Indien oder Kanada pflegt. Wirft man einen Blick in die klassische Science-Fiction-Literatur, so wäre die Zeit der Jahrtausendwende eine Zeit der wahrgewordenen Utopien gewesen. Noch in den Siebzigern pries das Parteiprogramm der Liberalen den Wohlstand für alle. Doch die anschließenden Achtziger waren nicht nur die Zeit der Friedensbewegung. Es war auch die Zeit eines durch Reagan und Thatcher vorangetriebenen Liberalismus neuer Art. Mögen sich die Hypertext-Visionen des vergangenen Jahrhunderts auch erfüllt haben. Doch das Wissen der Welt in unserer Hand macht uns noch nicht zu aufgeklärten Humanisten. Aus dem Internet ist eine Geldmaschine geworden.

Zurück in die analoge Jugendzeit. Eine Frage stand für mich über den anderen: Warum handeln „wir“ aufgeklärte Menschen so häufig wider bessere Erkenntnis? Ist es schlicht eine Frage der Bequemlichkeit? Fehlt uns ein kollektives Bewusstsein? Eine Antenne zum empfindsamen „Wir“? Sollte das am Ende eine Frage mangelnder Vorstellungskraft sein? Irgendwas stimmte da für mich nicht mit der Aufklärung.

Hoimar von Ditfurth erklärt bereits 1978 im Zweiten Deutschen Fernsehen dem abendlichen Publikum seiner Sendung „Querschnitte“ den Klimawandel.

Sapere aude! So heißt es bei Kant. Und er übersetzt die lateinischen Worte: „Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Das sei also der Wahlspruch der Aufklärung. Ist Mut also der entscheidende Faktor, um der Unmündigkeit zu entrinnen? Ja, Mut ist letztlich das Motto der Aufklärung. Boldly go! Das ergab für mich Sinn. Nicht ohne Grund war Kirk der Chef an Bord der schicken Enterprise, die zu futuristischen Klängen kreuz und quer über den Bildschirm zischte, und nicht der Logiker Mr. Spock. Es braucht also Mut, um aufgeklärt zu sein.

Nicht ohne Grund war Kirk der Chef an Bord der schicken Enterprise und nicht Mr. Spock.

Carl Sagans Wissenschaftsgeschichte „Cosmos“ war nur so gespickt von mutigen Frauen und Männern, die ihr Leben aufs Spiel setzten für Erkenntnisse, die heute zur Allgemeinbildung gehören, zu den Grundsteinen der modernen Wissenschaft. Ich erinnere mich beispielsweise an die Astronomin und Philosophin Hypatia, die im Alexandria des 5. Jahrhunderts brutal zu Tode kam durch einen aufgebrachten christlichen Mob: Hypatia wurde zum Spielball religiöser Verblendung; gewiss missfiel auch den herrschenden Männern die Klugheit einer Frau. Galilei, der Begründer der modernen Physik, widerrief nach einigem Hin und Her vor der Inquisition, um vor der Geschichte dennoch recht zu behalten. Wenn man nur vorher wüsste, wieviel Mut es braucht, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, um den eigenen Standpunkt zu vertreten und um die bestmögliche Entscheidung nicht nur für sich selbst, sondern auch für zukünftige Generationen zu treffen. So ging es mir damals durch den Kopf.

Unterstellen wir heute, dass die großen Denker und Verantwortungsträger in Politik und Gesellschaft mutig sind, dass auch wir selbst es sind, woran hapert es dann? Das Wissen ist da, am kritischen Denken fehlt es nicht, warum handeln wir nicht (oder nur eingeschränkt) gemäß unserer Einsichten?

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